Ein Gastbeitrag von Erik Hohberg
Wir sind doch das starke Geschlecht. Oder denken wir nur, dass wir es sind?
Ok, ich weiß, ich bin vielleicht nicht der typische Mann. Ich gehe viel zum Yoga, lese komische Bücher (auch mal Gedichte) und interessiere mich auch wirklich für alles, was mit euch Frauen zu tun hat.
Eigentlich stehe ich mit meinen 42 Jahren fest im Leben. Seit gestern Abend ist sie aber wieder da, die Angst….
Die Angst vor dem, was in den nächsten Wochen kommt. Der Lockdown ab Montag bis Ende November ist beschlossene Sache.
– Lockdown – für mich, neben Corona und COVID-19, das Unwort des Jahres. Man war doch froh, dass man jetzt zumindest halbwegs wieder in der Normalität angekommen war.
Klar an die Masken konnte ich mich immer noch nicht gewöhnen. Es ist gruselig durch Straßen zu laufen und in maskierte Gesichter zu blicken. Sämtliche Horrorszenarien und Endzeit – Storys wurden irgendwie, zumindest ansatzweise, real.
Die Infektionszahlen sind nun aber sukzessive gestiegen, jetzt müssen wir uns alle wieder mit massiven Einschränkungen arrangieren.
Nur wie?
Im Frühjahr ging es raus, das Wetter spielte mit und man konnte fehlende Freizeitangebote zumindest durch Bewegung an der frischen Luft ausgleichen.Schnell gab es Online Angebote der Fitness- und Yoga Studios, die dankend angenommen wurden… auch von mir. An Wochenenden konnte man ganze Heerscharen von Menschen in den Bergen und Wäldern beobachten. Es war fast so, als ob eine neue Trekking – Generation entstand.
Zoom oder Face Time Anrufe wurden noch populärer. Diese Begriffe kannte jetzt selbst mein Oma mit 80 Jahren…
Es ist doch was anderes, das Gesicht des anderen bei einem Telefonat zu sehen. Für mich transportieren vor allem die Augen so viel Gefühle.
Und das sind nur Beispiele. Die Menschen waren erfinderisch, um irgendwie diese Zeit zu überstehen. Es war ein zwangsweises Zurückbesinnen auf Ursprüngliches.
Aber es gab auch so viele Spannungen in den Beziehungen und Familien, die bewältigt werden mussten. Einige haben es nicht geschafft und zerbrachen an der Situation. Es ist einfach zu sagen, es war sowieso schon etwas nicht mehr, wie es sein sollte. Ungewohnte Zweisamkeiten brachten ungeahnte Probleme hervor.
Home Office und mangelnde Betreuungsangebote schafften plötzlich Challenges für Familien.24 Stunden, 7 Tage die Woche unter einem Dach… ich denke wir alle wissen noch, zum Schluss reichten teilweise Kleinigkeiten und ein Streit war vom Zaun gebrochen. Die psychische Belastung war immens, trotzdem haben wir es alle gemeistert… irgendwie…
Gestern Abend kam alles wieder zurück. Fast ohnmächtig musste ich mit ansehen wie das verkündet wurde, was schon lange Gewissheit war. Der Lockdown oder Lockdown light, egal wie man es nennt, ist zurück.
Ich habe Angst…
- Angst, dass ich liebe Menschen verliere
- Angst, dass ich mich selbst verliere
- Angst, dass ich meine Familie an Weihnachten nicht sehen kann
- Angst, selbst zu erkranken
- Angst, wie die Welt im nächsten oder übernächsten Jahr aussieht
- Angst, …
Es stehen nun wieder unzählige Jobs auf dem Spiel. Was passiert, wenn Betreuungsangebote der Kinder doch nicht aufrecht erhalten werden können? Der November ist als „Dunkelmonat“ bekannt. Die Tage werden immer kürzer, das Wetter spielt auch nicht wirklich mit. Klar Regen ist kein Grund nicht rauszugehen.
Aber ehrlich, so richtig toll ist es nicht oder? Da fällt mir ein, ich muss mir endlich mal eine Regenjacke kaufen… natürlich online…. oder geht ihr noch gern in die Stadt?
Wieder zurück zum Online Yoga? Meine Motivation hält sich in Grenzen.
Ich brauche das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Antrieb durch die Gemeinschaft und ja, ich genieße auch die bewundernden Blicke, wenn ich eine schwierige Arm-Balance meistere.
Es steht fest, dass ich meine Familie bis Ende November aufgrund mangelnder Beherbergungsmöglichkeiten nicht sehen kann, kein schöner Gedanke. Auch ein Treffen mit lieben Freunden ist nicht mal eben drin und wenn, wo trifft man sich? In den eigenen 4 Wänden, die man dank Home Office sowieso schon den ganzen Tag sieht?
Jetzt heißt es wohl wieder alle „zusammenrücken“ und einander helfen. So gut es eben geht, arrangieren wir uns mit einer grenzwertigen Situation.
Mir hilft es, wenn ich Dinge aufschreibe, die mich belasten. Ob nun als Tagebucheintrag oder als Blogbeitrag, es kann hilfreich, sich einfach mal alles von der Seele zu schreiben.
Nach ein paar Stunden noch einmal darüber schauen und im besten Fall, sieht das ein oder andere schon gar nicht mehr so schlimm oder trüb aus. Vielleicht hat sich ja zwischenzeitlich eine Freundin oder ein Freund gemeldet. Vielleicht kam auch zwischenzeitlich die zündende Idee, was man mit all der Zeit an Wochenenden oder Nachmittagen anfangen kann, ob allein, mit dem Partner oder mit der Familie.
Vielleicht gibt es auch aufgrund dieses Textes, Anregungen oder Zuspruch, wie man mit der Situation jetzt umgehen kann oder sollte.
Ich weiß es nicht, ich weiß nur „business as usual“ ist nicht der richtige Weg. Es kommt auf uns alle viel freie Zeit zu, die man sicherlich auch sehr sinnvoll nutzen kann.
Weiterbildungen, Online Kurse und auch Coachingangebote sind toll, keine Frage..
Vorher müssen wir uns aber Gedanken machen, wie wir all das, was jetzt wieder auf uns zukommt, meistern. Vor allem aber müssen wir die Gedanken miteinander teilen.
Eine Bekannte hat heut morgen auf Instagram einen schönen Spruch geteilt: „Versuche, ein Regenbogen zu sein, in jemandes Wolken“ by Maya Angelou
Ich glaub wenn wir das alle versuchen und uns gegenseitig ein Lächeln ins Gesicht zaubern, kommen wir auch durch die nächsten Wochen… irgendwie….